23. blicke filmfestival des ruhrgebiets: Vom 25. - 29. November 2015

Zur bedauerlichen Realität seit der letzten Ausgabe von blicke gehört die Feststellung, dass sich irrationales Denken offenbar mit steigender Tendenz als gesellschaftsfähig erweist. Beim gegenwärtigen Ausmaß würde es jedenfalls kaum verwundern, wenn auch blicke einmal zur Zielscheibe landläufiger Verschwörungstheorien würde. Und tatsächlich: Es braucht nicht viel an Phantasie, um etwa im Festivallogo ein okkultes Symbol auszumachen. Freilich – die Dreieckspyramide als Rahmen müsste noch gedanklich ergänzt werden. Doch wäre man bei der Wortbedeutung tatsächlich gar nicht so weit entfernt vom Geschehen eines Filmfestivals, wenn man vom Okkulten spricht. Denn auch dieses Jahr stellen sich die Filme wieder der Aufgabe, „Verborgenes“ zu entbergen und „Nicht-Sichtbares“ sichtbar zu machen. Mit dem Kameraauge als mechanischer Erweiterung unserer eigenen oculi dringen sie zum Teil bis auf mikroskopische Ebene in die Wirklichkeit ein, stellen einen unvoreingenommen Blick auf Bekanntes wieder her oder lassen es in ungewohnten Zusammenhängen neu aufleuchten. Immer wieder stehen dabei Orte im Fokus, als visuelle Texturen wie als soziale Räume der Selbst-Verortung: Nomadensiedlungen in der syrischen Wüste, ein Aprikosenhain in Anatolien, Koksöfen und Kohlegruben, U-Bahn-Schächte, Eckkneipen, Plattenbausiedlungen, Seifenblasenwerkstätten, Regenpfützen, Hochzeitskapellen, Rolltreppenschächte, ein Kartoffelacker. Die Filme treffen hier auf Menschen, für die ihre Beziehung zur ihrer Umgebung als „Heimat“ nicht mehr selbstverständlich ist. Sie sind auf der Suche nach Ursprüngen und Ordnungen, nach Orientierung, Halt und Geborgenheit oder schlicht nach dem Nachhauseweg in den Böschungen der A45. Orte werden so zum Gegenstand einer filmischen Spurenlese, in der Vergangenheiten erforscht und Zukünftiges bereits erahnt wird. Die Gegenwart erscheint in diesen Filmen als faszinierendes Netz unterschiedlicher Möglichkeiten, von denen jede der Ausgangspunkt einer Reise zu beliebigen Punkten in Raum und Zeit werden kann. Und wo auch immer das Auge bei solch einer viel fältigen Bilder-Reise schließlich ankommt – vom Kino aus bricht es auf, um zu wandern und zu entdecken. – Vorwort von Daniel Götzen & Felix Hasebrink

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